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Adaptive Lernplattformen
Adaptive Lernsysteme ermöglichen personalisiertes Lernen in der Schule. Im Gegensatz zum klassischen Unterricht können Lernende im eigenen Tempo mit individuell zugeschnittenen Aufgaben arbeiten. Künstliche Intelligenz optimiert das Lernangebot und entlastet die Lehrkräfte.
Diese digitalen Bildungsangebote passen sich kontinuierlich an die Bedürfnisse, Lernstile und Fortschritte der Lernenden an. Mithilfe von Algorithmen und Datenanalysen erfassen sie Lernstände und bieten passende Inhalte an. Viele sehen in ihnen die Zukunft des Lernens, aber es gibt auch berechtigte Bedenken.
Passgenaue Angebote
Die zentralen Merkmale digitaler adaptiver Lernangebote ähneln sich: Zunächst wird der individuelle Lernstand erfasst und Präferenzen der Lernenden werden analysiert, um maßgeschneiderte Lernpfade zu erstellen. Während oder nach der Bearbeitung einzelner Aufgaben erhalten die Lernenden formative Rückmeldungen, die sofort zeigen, was gut gelungen ist und wo Verbesserungspotenzial besteht. Sprachlernprogramme können beispielsweise falsche Aussprache oder grammatikalische Fehler erkennen und korrigieren.
Die Inhalte passen sich kontinuierlich an den Fortschritt der Lernenden an. Bei Schwierigkeiten stellt die Plattform zusätzliche Übungen bereit, um Lücken zu schließen. KI-gestützte Systeme analysieren nicht nur einzelne Aufgaben, sondern den gesamten Lernfortschritt, erkennen Stärken und Schwächen und geben präzises Feedback – oft genauer als Lehrkräfte. Das System kann auch bevorzugte Medienformate wie Texte, Videos oder spielerische Elemente identifizieren, um Lernende optimal zu unterstützen.
Durch passgenaue Aufgaben und konstruktives Feedback wird ein motivierendes Lernumfeld geschaffen. Gamification-Elemente wie Abzeichen oder Punkte steigern zusätzlich die Motivation, und Quiz motivieren die Lernenden, weiterzuarbeiten. Die zeitliche und räumliche Flexibilität ermöglicht Lernen auch außerhalb des Schulgebäudes.
Zentrale Merkmale adaptiver Lernplattformen
- Lernstandserhebung
- Personalisierung des Lernpfades
- Formatives Feedback in Echtzeit
- Dynamische Anpassung des Lernpfades
- Lernanalytik
- Zeitliche und räumliche Flexibilität
Entlastung für Lehrkräfte
Die Vorteile solcher Systeme liegen auf der Hand: Das Lernen wird individualisiert, und jede*r Lernende erhält Inhalte und Methoden, die auf seine oder ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Individuelle Stärken werden berücksichtigt, Schwächen gezielt bearbeitet, was den Lernprozess effizienter und motivierender macht.
Für Lehrkräfte bieten die Systeme Entlastung: Datenbasierte Analysen und KI ermöglichen kontinuierliches Feedback, das im klassischen Unterricht oft schwer umsetzbar ist. Lehrkräfte gewinnen Zeit für die Organisation und soziale Interaktionen mit den Lernenden und können auf fundierte Analysen der Systeme zurückgreifen.
Herausforderungen und Ausblick
Adaptive Lernplattformen können Lernen und Lehren im schulischen Kontext individualisieren und effizienter gestalten. Dennoch müssen Herausforderungen und mögliche Nachteile beachtet werden:
Der flächendeckende Einsatz digitaler Lernsysteme erhöht die technologische Abhängigkeit und wirft Fragen der Bildungsgerechtigkeit auf, wenn nicht alle Lernenden gleichen Zugang zu Geräten und Infrastruktur haben. Trotz ihrer Möglichkeiten bleibt die Anpassungsfähigkeit dieser Systeme oft begrenzt, sodass sie nicht allen Bedürfnissen gerecht werden. Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen kann für den schulischen Einsatz ungünstig ausfallen.
Aktuelle Systeme erfassen Lernstände und vermitteln Wissen, kommen der Komplexität des Lernens jedoch nur bedingt nach. Eingeschränkte Methoden und Inhalte können zu einer Vereinfachung und Standardisierung führen, die die Tiefe der Stoffbearbeitung beeinträchtigt und den Kompetenzerwerb hemmt.
Die Akzeptanz bei Lehrkräften hängt stark von der Leistungsfähigkeit und den Einsatzmöglichkeiten der Plattformen ab. Eine Veränderung der Unterrichtskultur erfordert motivierte Lehrkräfte, die von den Systemen überzeugt werden müssen. Für Schulträger sind zudem die langfristigen Kosten für Lizenzen und Abonnements eine Herausforderung.
Eine große Herausforderung ist auch der Schutz der sensiblen Daten der Schüler*innen. Eine umfassende und flächendeckende Erhebung vom Wissen und Können der Lernenden sollte nicht in falsche Hände gelangen – der Umgang mit diesen Daten (und deren Löschung) muss absolut sicher und klar geregelt sein.
Aktuelle Herausforderungen adaptiver Lernplattformen
- Technologische Abhängigkeit
- Standardisierte Inhalte
- Vereinfachung und reduzierte Tiefe
- Motivation und soziale Interaktion der Lernenden
- Akzeptanz bei Lehrkräften
- Kosten
- Datenerhebung und Datenschutz
Fazit
Obwohl adaptive Lernplattformen zunehmend an Bedeutung gewinnen und ein großes Potenzial für die Individualisierung des Unterrichts mit sich bringen, gibt es hinsichtlich des schulischen Einsatzes noch einige Herausforderungen zu überwinden: Es fehlt häufig die notwendige Infrastruktur, um adaptive Lernplattformen flächendeckend einzusetzen. Lehrkräfte müssen zudem im Umgang mit den Technologien geschult werden, um das volle Potenzial der Plattformen nutzen zu können. Schließlich variiert auch die Akzeptanz digitaler adaptiver Lernsysteme, da diese eine veränderte Lehr- und Lernkultur voraussetzen. Auch die Belange des Datenschutzes sind zu berücksichtigen, da im Bereich der Diagnostik kontinuierlich besonders sensible Daten erhoben werden.
Beispiele für bekannte Lernplattformen in Österreich:
Literatur- und Surftipps:
- Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule NRW: Individuelle Förderung, Adaptiver Unterricht. Überblick und fachspezifisches Praxismaterial: www.schulentwicklung.nrw.de/q/individuelle-foerderung/glossar/adaptiver-unterricht.html
- Anders, F.: Zentral Merkmale für adaptiven Unterricht in Grundschulen. Deutsches Schulportal der Robert Bosch Stiftung (05.10.2022): https://deutsches-schulportal.de/unterricht/zentrale-merkmale-fuer-adaptiven-unterricht-an-grundschulen
- Ohl, S., Dumont, H. Soziale Eingebundenheit im individualisierten Unterricht: Eine Experience-Sampling Studie. Unterrichtswissenschaft 52, 447-483 (2024). https://doi.org/10.1007/s42010-024-00204-6