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Kolumne

Häuser, Grusel und Gemurre

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PRIM, SEK 1

Also, die ersten Wochen Schule haben wir schon hinter uns! Der kühlere Herbst hat nach dem heißen Sommer (endlich) Einzug gehalten und bringt auch gleich seine Traditionen und Feiertage mit. Gut zu erkennen an den Hexen- und Geisterkostümen und der Gruseldeko, die es schon seit Wochen überall zu kaufen gibt.

Aber ist Halloween überhaupt unsere Tradition? Eigentlich nicht, trotzdem scheint sie es langsam, aber sicher zu werden. Bis es so weit ist, spaltet Halloween jedenfalls die Geister, bei den Erwachsenen und manchmal auch bei den Kindern.

Im letzten Schuljahr hatte ich mit meiner vierten Klasse sogar einen Halloween-Schwerpunkt in Deutsch – mit Geschichten, Rätseln, Reimen, Verkleidungen. In diesem Jahr habe ich erstmalig auch Kunst und Gestaltung in meinem Stundenplan. Was liegt also näher, als Halloween auch hier in den Unterricht einfließen zu lassen. Ich bin studierte Kunsthistorikerin und verbringe gerne, wenn es die Zeit zulässt, meine Freizeit in diversen Ausstellungen und Museen. Da hole ich mir Anregungen für den Unterricht. Und ich liiiiebe James Rizzi! Seine Kunstwerke waren bis Anfang September in Graz zu sehen. Noch nie gehört? Dann wird es aber Zeit, denn Rizzi passt hervorragend in den Unterricht. Der Pop-Art-Künstler hat sich der 3D-Collage verschrieben. Der leider vor einige Jahren verstorbene New Yorker verstand es grandios, Miniaturen zu zeichnen, auszuschneiden (mit einer eigenen Skalpell-Technik) und in mehreren Schichten übereinander zu kleben und dadurch einen 3D-Effekt zu erzielen. Seine Ansichten vom New Yorker-Alltagsleben – vor allem Skylines in allen Varianten – sind legendär. Und in meinen vierten Klassen wird es deswegen heuer Gruselhochhäuser nach Rizzi zu sehen geben. Ich habe in diversen Onlineforen bereits recherchiert und sogar eine wunderbare Rizzi-Präsentation für das Tablet gefunden. Und Vorlagen, die meine Schüler*innen ausschmücken und erweitern können, habe ich auch. Also starte ich voller Motivation in den Unterricht. 

Mittwoch, vierte Stunde KG. Doch damit habe ich nicht gerechnet: „Warum müssen wir das machen?“, mault Jonas. Oje, fängt ja gut an. Gerade er! Er ist kreativ, kann gut zeichnen und hätte in Nullkommanix seine Gruselhäuser fertig. Es ist ja so eine Sache mit dem Kunstunterricht. Die meisten Schüler*innen sehen darin ja eher eine Frei- als Lernstunde. Was, wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, gar nicht so verkehrt ist. Es ist eine lockere Stunde, man darf Musik hören und am Tablet Vorlagen abzeichnen. Die Zeit vergeht schnell und es macht Spaß. Aber maulende Schüler*innen mag ich nicht wirklich. „Weil ich das jetzt sage“, lautet meine Antwort. Leises Murren und Gemaule folgt – von mehreren. Aber nachdem sie angefangen haben, kommen ihre Talente wieder zum Vorschein. Jonas hat die Farbpalette ausgeschöpft. Julias Häuser sind wirklich furchterregend und Sebastian übertrifft sich in geometrischen Darstellungen. „Eigentlich ist das ja ganz cool“, meint Jonas am Ende der Stunde. Wir sind zwar noch nicht ganz fertig, aber bis 31. Oktober geht sich das sicher aus und die bunten Kunstwerke werden zu Halloween im Schulhaus hängen.  

Das Lustige an solchen Projekten ist, dass, wenn man sie mit zwei unterschiedlichen Klassen des gleichen Jahrgangs macht, die Ergebnisse wie Tag und Nacht sind. Während die 4a murrt und stöhnt, ist in der 4b sofort helle Begeisterung ausgebrochen. Jeder will den anderen übertreffen. Was mich natürlich freut. Carina schnappt sich schon ihr zweites Blatt, weil sie noch ein Bild malen will. „Gibt es noch andere Vorlagen?“, fragt sie und fängt schon mit Kunstwerk Nummer zwei an. Gregor findet Gruselhäuser ebenfalls toll und hat sogar ein paar Schnipsel à la Rizzi ausgeschnitten und versucht es in 3D. 

Man kann also vom kommerziellen Neueinzug der Halloween-Tradition halten, was man möchte. Für den Unterricht eignet es sich hervorragend. Und auch die 4a hat einige tolle Bilder gezeichnet. Wir sind aber noch nicht fertig. Fortsetzung folgt!

 Fredrik von Erichsen/dpa/picturedesk.com

Bild von James Rizzi (Ausstellung in Mainz/Deutschland)

Sonja Krätschmer

Sonja Krätschmer

Die gebürtige Steierin ist Zweifachmama und war viele Jahren Redakteurin bei der Kleinen Zeitung. Sie folgte nach der Karenz ihrem Hobby und wurde Bibliothekarin. Seit Kurzem ist die Quereinsteigerin in der Mittelschule Spielberg u. a. als Deutschlehrerin tätig.

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