Volodymyr TVERDOKHLIB/Shutterstock.com

Bildquelle: Volodymyr TVERDOKHLIB/Shutterstock.com

Lesemotivation

Mit dem BUCHKLUB die Lesefreude wecken

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PRIM, SEK 1

Der Österreichische Buchklub der Jugend setzt sich seit über 75 Jahren dafür ein, Kindern und Jugendlichen die Freude am Lesen und an Büchern zu vermitteln. Ein wichtiges Angebot dafür sind unsere Jahrbücher für die Volksschule und die Literaturmagazine für die Sekundarstufe 1, die sie im Rahmen eines Zeitschriftenabos von JUNGÖSTERREICH für Ihre Schüler*innen erhalten.

Inhalt

Mit den BUCHKLUB Jahrbüchern und den BUCHKLUB Literaturmagazinen bekommen Sie jährlich je sechs ausführliche Auszüge aus aktuellen Kinder- und Jugendbüchern. Diese sind jeweils als komplette Leseeinheit für den Einsatz im Unterricht konzipiert. Die begleitenden Übungen berücksichtigen dabei unterschiedliche pädagogischen Anforderungen – im Mittelpunkt steht die Lesemotivation. 

JÖZV

Die Jahrbücher 2024/25 vom BUCHKLUB im Primarbereich (für Mini-Spatzenpost, Spatzenpost und LUX)

Komplette Leseeinheiten mit jedem Buchauszug  

Jeder Buchauszug in den BUCHKLUB Jahrbüchern und den BUCHKLUB Literaturmagazinen ist von Übungen vor, während und nach dem Lesen begleitet.

Der Text wird mit Übungen vor dem Lesen eingeleitet. Mit Fragen und kleinen Aufgaben wird das Vorwissen aktiviert – und schwierige Wörter aus dem Text werden erklärt oder können vorab geübt werden, damit sie beim Lesen nicht zu Stolpersteinen werden.

Während des Lesens stehen direkt bei jedem Textauszug in den Fußzeilen bzw. in kleinen Infokästen viele Anregungen, kleine Rechercheaufgaben und Gesprächsanlässe. So kann über den gelesenen Text gemeinsam gesprochen und philosophiert werden.

Nach dem Lesen gibt es immer eine Übung, die das Leseverständnis überprüft. In den Literaturmagazinen finden Sie dazu zu jedem Textauszug ein Arbeitsblatt „Teste dich selbst“ auf lehrerservice.at. Bei diesen Übungen verwenden wir bewusst die Frageformate, wie sie auch bei iKMPLUS zur Anwendung kommen, damit die Schüler*innen die Form der Fragestellungen üben können.

Eine weitere Übung im Anschluss bringt Inhalte und Fragestellungen, die im Text behandelt wurden, in die Lebensrealität der Kinder. Bei einer Freundschaftsgeschichte gibt es z. B. eine Faltanleitung für eine besondere Botschaft an ein*e Freund*in – bei einer Tiergeschichte eine Zeichenanleitung, dieses Tier nachzuzeichnen. Es kann aber auch ein Fragebogen sein, wo die Schüler*innen ihre eigenen Positionen zu einem Text entwickeln können, aber manchmal auch eine pädagogisch wertvolle Übung, die thematisch mit dem gelesenen Text in Verbindung steht.

 

JÖZV

Die BUCHKLUB-Literaturmagazine Jahrgang 2024/25 für den Sekundarbereich (für JÖ und TOPIC)

Der soziale Aspekt

Unsere Übungen vor, während und nach dem Lesen sollen es ermöglichen, einen Text oder eine Geschichte nicht nur zu lesen, sondern ein wenig länger in der Welt des Buchausschnittes zu verweilen und damit den sozialen Aspekt des Lesens berücksichtigen zu können. Das Gelesene mit anderen teilen zu können – darüber gemeinsam zu reflektieren, zu phantasieren oder auch ganz unterschiedliche Meinungen zu haben – ist ein wesentlicher Baustein der Lesemotivation.

Wir gehen gemeinsam ins Kino oder Theater, um danach darüber zu sprechen, es ist wunderbar, jemanden zu treffen, der gerade die gleiche Serie anschaut, wie man selbst – und die Idee, sich in Buchklubs zusammenzufinden (auch virtuell z. B. über BookTok), um gemeinsam Bücher zu lesen und zu besprechen, feiert gerade eine Renaissance. Einfach, weil wir die Gefühle und Eindrücke, die eine Geschichte bei uns auslöst, mit anderen teilen möchten. Und dabei machen wir die Erfahrung, dass wir durch den Anlass einer gemeinsam „erlebten“ Geschichte mit unseren Mitmenschen plötzlich nicht nur in gewohnten Bahnen über Alltägliches sprechen, sondern über unsere Gesprächspartner*innen (und auch über uns selbst) Neues erfahren. Kinder und Jugendliche an diese Erfahrungen in der Verbindung mit Büchern heranzuführen, ist eine wichtige Aufgabe – und dort, wo der nötige familiäre Hintergrund fehlt, ist die Schule ein wesentlicher Ort, wo das geschehen kann.

Rotfuchs Verlag

Poet X

Von Eliszabeth Acevedo

ISBN 978-3-499-00186-4 

Erschienen im Rowohlt Verlag (Rotfuchs) 2024

Literarische Empfehlungen des BUCHKLUB

Im Vorwort zu ihrem Roman „Poet X“ erzählt Elizabeth Acevedo über ihre Erfahrungen als Englischlehrerin in New York. Eine Schülerin, wie sie selbst mit dominikanischen Wurzeln, weigerte sich, die im Unterricht besprochenen Bücher zu lesen. „Warum sollte ich das lesen? Keines dieser Bücher, die wir hier lesen, hat irgendetwas mit mir zu tun. “ Und sie hatte irgendwie recht, denn ihre eigene Lebensrealität könnte von den Problemen der englischen Oberschicht des 19. Jahrhunderts, die in den Romanen behandelt wurden, nicht weiter entfernt sein. Acevedo suchte daraufhin nach entsprechenden Büchern von jungen Autorinnen und gab sie ihr zu lesen – ihre Schülerin konnte gar nicht genug davon kriegen. Am Ende war Acevedo von diesem Erfolg so motiviert, dass sie schließlich ihren eigenen Roman schrieb. Dabei ist ein unglaublich spannendes und berührendes Buch entstanden, das in Versform die Geschichte eines jungen Mädchens erzählt, das sich aus der streng religiösen Erziehung ihres Elternhauses durch Poesie befreit.

Die Redaktion des Buchklubs sichtet zweimal im Jahr die Neuerscheinungen der deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchverlage, um daraus jene Bücher auszuwählen, die sich gut für eine Verwendung im Schulunterricht eignen. Aus diesen Empfehlungen stellen wir jährlich jeweils sechs Titel mit ausführlichen Auszügen in den BUCHKLUB Jahrbüchern und den BUCHKLUB Literaturmagazinen vor. Zusätzlich gibt es direkt in diesen Publikationen, in unseren Newslettern und auf der BUCHKLUB-Webseite zahlreiche weitere Buchempfehlungen für die jeweilige Altersgruppe.

Wir stellen diese Auswahl zusammen, um es Ihnen zu erleichtern, auch aktuelle Kinder- und Jugendliteratur für den Leseunterricht zu verwenden, denn wir sind überzeugt, dass Schüler*innen auch Texte und Geschichten brauchen, die sowohl thematisch als auch sprachlich ihrer eigenen Lebensrealität entsprechen. Diese Sichtung der aktuellen Verlagsprogramme ist als Serviceleistung für Pädagog*innen gedacht – bei jährlich vielen hunderten Neuerscheinungen den Überblick zu behalten, ist eine sehr zeitaufwendige Aufgabe und nicht jedes Buch ist für eine schulische Aufbereitung wirklich geeignet.

Diese Angebote verstehen sich dabei bewusst als Ergänzung für den Leseunterricht – mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche für das Lesen zu begeistern. Dazu ist es – so unsere Überzeugung – wichtig, dass sie auch mit Büchern und Geschichten in Berührung kommen, die ihre Sprache sprechen und von Dingen erzählen, die sie bewegen.

Und Jahr für Jahr erscheinen so viele großartige Bücher, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätten und dabei Themen aufgreifen, die eine hohe aktuelle Relevanz haben, wie zum Beispiel das Bilderbuch „Hübsch“ von Canizales, einem Illustrator und Kinderbuchautor aus Kolumbien. In dieser Geschichte läuft die Hexe auf dem Weg zu ihrem Rendezvous mit dem Troll durch den Wald. Unterwegs rufen ihr die Tiere zu, was alles an ihrem Aussehen gar nicht geht: Buckel und Warze müssen weg, die krumme Nase gehört repariert – und die struppigen Haare, die gehen ja gar nicht! Brav befolgt die Hexe all die Ratschläge und sieht am Ende aus wie eine Barbiepuppe, als sie schließlich beim Troll ankommt. Der ist bei ihrem Anblick ganz entsetzt, denn er liebt ja die Hexe, genau so wie sie ist, und mag daher ihren neuen Look ganz und gar nicht. Diese Geschichte wird in 20 Jahren hoffentlich obsolet sein, wenn wir den normierten Schönheitswahn, den viele junge Mädchen und Burschen durch Werbung und Beauty-Influencer*innen ausgesetzt sind, überwunden haben. Genau jetzt ist dieses Buch ein wunderbares modernes Märchen, das ein Problem unserer Zeit mit viel (Achtung: auch sehr schwarzem) Humor behandelt.

Verlag Jungbrunnen

Hübsch!

Von Canizales

ISBN 978-3-7026-5947-9 

Erschienen im Verlag Jungbrunnen 2020

Die Sache mit den „Klassikern“ 

Besonders in der Kinder- und Jugendliteratur gibt es das Phänomen, dass sich bestimmte „Klassiker“ sehr lange halten und über Generationen weitergegeben werden. Das liegt oft schlicht daran, dass wir Kindern besonders jene Bücher nahelegen wollen, die uns selbst als Kind begeistert haben. Das Schöne an Büchern ist ja, dass sie uns tief berühren können und wir daher eine besondere Beziehung zu ihnen aufbauen. Diese emotionale Verbindung ist bei Geschichten, die uns in unserer Kindheit geprägt haben, besonders stark. So werden bestimmte „Klassiker“ immer wieder gekauft, verschenkt, gelesen und vorgelesen. Diese Begeisterung für bestimmte Geschichten weiterzugeben, ist wunderbar und wichtig – und ein wesentlicher Baustein, um die Liebe zum Lesen und zu Büchern in Kindern zu wecken. Mitunter vergessen wir aber dabei, dass manche Texte inzwischen ein wenig aus der Zeit gefallen sind und über Dinge erzählen, die heute nicht mehr relevant sind – in einer Sprache, die wir heute so nicht mehr sprechen.

Ich bin Jahrgang 1969 und erinnere mich gut an die Empfehlungen meiner Eltern und Großeltern, die mir Karl May und Jack London als „tolle Abenteuerbücher für Buben“ ans Herz legten. Ich habe damit gar nichts anfangen können – und meine Liebe zu Büchern mit Erich Kästner und Mira Lobe entdeckt. Und dann kam Konrad aus seiner Konservenbüchse. Die Bücher von Christine Nöstlinger waren eine spürbare Veränderung – in einem völlig neuen Ton geschrieben und mit Figuren, wie man sie so noch nicht gelesen hatte. Die chaotische Frau Bartolotti, der Herr Dr. Vranek oder Lotte Prihoda entsprachen viel eher den Menschen, denen man damals so auf der Straße begegnete, als etwa Kästners Emil Tischbein oder dem Trotzkopf Ilse Macket. 

Aber inzwischen geht auch Konrad langsam dem Pensionsalter entgegen – das Buch wird heuer 50 Jahre alt. In einem Interview aus dem Jahre 2018, gefragt warum sie aufgehört hat, Kinderbücher zu schreiben, erklärte Christine Nöstlinger: „Meine eigene Kindheit ist schon eine historische und die meiner eigenen Kinder auch schon bald. Es ist alles sehr, sehr anders geworden, und ich verstehe es nicht mehr. Das heißt nicht, dass ich ein abfälliges Urteil über heutige Kinder hätte.“

Vor ein paar Jahren habe ich „Die kleine Hexe“ von Otfried Preußler wiedergelesen. Ich hatte das Buch aus meiner eigenen Kindheit in sehr guter Erinnerung – vor allem, wie ich damals mitfieberte, wie sehr die arme, kleine Hexe all den Demütigungen der alten Hexen auf dem Blocksberg ausgesetzt war. Ich hatte aber ganz vergessen, dass die vermeintlich gute Auflösung der Geschichte die Auslöschung aller anderen Hexen bedeutete. Ich wage zu behaupten, dass ein Buch mit so einem „Happy End“ heute wahrscheinlich von keinem Verlag mehr angenommen würde. Das ist keine Kritik an dem Buch, ich mag Abraxas und den Wäscheklammerregen – aber die Geschichte wurde im Jahre 1957 geschrieben – seither haben wir in den Bereichen Psychologie und Konfliktlösung einfach bedeutende Fortschritte gemacht.

Bei einigen Büchern ist der Fall recht klar – den „Struwwelpeter“ liest man heute ganz automatisch im historischen Kontext, weil es hoffentlich niemand mehr tatsächlich für eine gute Erziehungsmethode hält, Kindern mit öffentlichem Verspotten, dem Abschneiden von Daumen oder dem Tod zu drohen, wenn sie sich nicht normgerecht verhalten. Aber den für manche Texte notwendigen historischen Kontext kindgerecht zu vermitteln, ist nicht immer einfach – und oft wird darauf auch schlicht vergessen. 

Viele der klassischen Kinderbücher sind in einer Zeit geschrieben, als verheiratete Frauen noch die Erlaubnis ihres Ehemanns einholen mussten, um eine Arbeit annehmen zu dürfen. Dieses Gesetz wurde erst 1975 aufgehoben. Kein Wunder, dass dadurch oft Rollen- und Familienbilder beschrieben werden, die unserer heutigen Zeit nicht mehr entsprechen. Aktuelle Kinder- und Jugendbücher erzählen ganz selbstverständlich von den unterschiedlichsten Lebens- und Familienkonstellationen, in denen Kinder aufwachsen – nicht, weil damit irgendetwas propagiert werden soll – sondern schlicht, weil es den heutigen Lebensrealitäten entspricht.

Selbstverständlich ist es ein wichtiger Teil von Bildung, die „Klassiker“ zu vermitteln. Ohne etwa Märchen, klassische griechische Sagen oder Bibelgeschichten zu kennen, sind viele Adaptionen und Neuinterpretationen, aber auch Anspielungen und Zitate, die das aktuelle kulturelle und künstlerische Schaffen immer noch durchziehen, nicht zu entschlüsseln. Und die Klassiker der Weltliteratur haben diesen Status nicht von ungefähr bekommen – so viele großartige Texte, die Generationen bewegt und beeinflusst haben! Im Sinne der Lesemotivation sollten wir uns aber die Frage stellen, ob in der direkten Auseinandersetzung mit diesen Klassikern die Liebe zur Literatur geweckt werden kann. Zum Vergleich: Es würden wahrscheinlich die meisten Cineasten zustimmen, dass man „Citizen Kane“, „Der große Diktator“ und „Panzerkreuzer Potemkin“ gesehen haben sollte, wenn man etwas von Kino verstehen will. Aber mit diesen Filmen – in Schwarz-Weiß oder gar ohne Ton – wird man die Liebe zum Kino nur schwer für sich entdecken. Dies geschieht durch den Konsum von aktuellen Filmen – die sinnvolle Auseinandersetzung mit den „Klassikern“ kommt erst danach, wenn die Liebe zum Medium bereits besteht.    

Fazit

In diesem Sinne möchten wir Ihnen mit unseren Buchauszügen und Empfehlungen eine praktische Möglichkeit bieten, Kinder und Jugendliche mit ganz aktuellen Büchern in Berührung zu bringen – in der Hoffnung, dass möglichst viele dadurch zum Lesen motiviert werden. Denn alle begeisterten Leser*innen werden bestätigen, welch unglaubliche Bereicherung es für das eigene Leben bedeutet, wenn Bücher ihren festen Platz darin haben.

Johannes Knöbl

Johannes Knöbl

ist seit 2000 für den Österreichischen Buchklub der Jugend tätig und dort zuständig für den Bereich Projektkoordination, Gestaltung und Produktion sowie Teil der BUCHKLUB-Redaktion.

Bildquelle: BUCHKLUB