StunningArt/Shutterstock.com

Bildquelle: StunningArt/Shutterstock.com

Mehrsprachigkeit in allen Fächern

Unterrichtstipps zum Thema Mehrsprachigkeit

article Beitrag
PRIM, SEK 1

Schüler*innen können durch Sprachvergleiche und mehr Sprachen in den unterschiedlichen Fächern Wissen systematisieren und erweitern, sprachspezifische Lerntechniken kennenlernen und auf neu zu erwerbende Sprachen und Inhalte übertragen. Dabei müssen sie gut von der Lehrperson begleitet werden.

Es ist nicht davon auszugehen, dass Schüler*innen dies in den meisten Fällen selbständig und automatisch können. Mehrsprachigkeit in allen Fächern kann im Rahmen von Projekten eingeführt werden.  Darüber hinaus ist ein verstärktes, vielfältiges und grundsätzliches Einbeziehen von Mehrsprachigkeit in die tägliche unterrichtliche Praxis anzustreben, damit diese nicht einen projektbezogenen Sonderstatus behält.

 

Sprachenforscher*innen

  • Gerade Schriftzeichen verschiedener Sprachen sind für Kinder äußerst interessant und sind ein guter Start, um mit Sprachvergleichen in der Klasse zu beginnen. Hierzu braucht es bildliche Beispiele als Gesprächsimpulse, gezieltes Nachfragen, Hypothesenformulierung und Gespräch, um Eindrücke und Wissen zu versprachlichen und gemeinsam zu lernen. Erweitert werden kann dies durch Recherchen zu der Verbreitung von Sprachen und Schriftsystemen.
  • Manchmal fallen Kindern ähnlich klingende Wörter (sogenannte Kognate, z. B. Deutsch Banane – Niederländisch banaan – Polnisch banan – Koreanisch – banana/바나나) in Deutsch und der Erstsprache auf. Sie lassen sich schneller lernen, aber auch leichter verwechseln. Daher ist es hilfreich, die entsprechenden Wörter in Form von Sprachvergleichen explizit zu kontrastieren. Sprachvergleiche sind nicht auf Einzelwörter beschränkt, sondern können grundlegende sprachliche Strukturen thematisieren, die dadurch für die Einzelsprache deutlicher und leichter verständlich werden.
  • Die Gegenstände in der Klasse werden nach und nach mehrsprachig (mit allen in der Klasse vertretenen Sprachen) beschriftet, z. B. das Fenster/la fenêtre/la finistra/the window/pencere/Vindu … Dadurch werden die Nähe zwischen beziehungsweise die Unterschiede von bestimmten Sprachen deutlich, die meist etymologisch (mit der Wortherkunft) begründet sind.

Individuell-mehrsprachige Wortspeicher

  • Operatoren sind Verben, die angeben, was in einer Aufgabe zu tun ist, z. B. nennen, aufzählen, verbinden, einsetzen, begründen, erklären, beschreiben, vergleichen, unterstreichen. Für den Aufbau von Bildungssprache ist das Beherrschen dieser Operatoren sehr wichtig. Daher hilft eine Übersetzung in die Erstsprache mit Bild, damit die Kinder die genaue Aufgabenstellung verstehen. Gemeinsam können Klassenplakate von Operatoren mehrsprachig gestaltet werden.
  • Insbesondere Fachwortschatz ist für das Lernen im Fach zentral. Daher ist es hilfreich, wenn Kinder Wortspeicher anlegen, die im Idealfall ein Bild, das deutsche Wort und die Übersetzung in die individuelle Erstsprache(n) sowie Englisch beinhalten. So kann vernetzt Wortschatz aufgebaut werden. Ideal ist es, wenn Arbeitsmaterialien so vorbereitet werden, dass immer genug Platz für die Ergänzung der Übersetzungen vorhanden ist und die Kinder die Wörter selbständig ergänzen lernen (u. a. durch Wörterbücher, Apps oder die Hilfe von Erstsprachsprechenden).

Sprachen aktiv einbeziehen

  • Beliebt sind Bilderbücher, die Mehrsprachigkeit einbeziehen: z. B. gibt es mehrere Sprachen im Text (sogenannte „Sprachgemischte Bücher“) oder parallel mehrsprachige Bücher, in denen der Text pro Seite in zwei Sprachen abgedruckt ist (manchmal auch mit Audio-Version als CD oder online). Hier eröffnen sich viele Fragen zu Buchtitel, Protagonisten, Sprachklang, Länge von Sätzen, etc. (z. B. Antonella Abbatiello – Das Allerwichtigste) https://www.edition-bilibri.com/books/das-allerwichtigste/
  • Unter Multiliteralität wird die Fähigkeit bzw. Möglichkeit verstanden, Texte mit Wörtern aus mehreren Sprachen zu verfassen. Die verschiedenen Sprachen sollen dabei aufgaben- und zielorientiert und sinnvoll einbezogen werden. In Textgesprächen wird mit den Kindern die Verwendung der Wörter aus ihren anderen Sprachen und deren Bedeutung besprochen. 
  • Der Ansatz des Translanguaging meint noch umfassender, dass Kinder explizit dazu anregt werden, auf ihr volles sprachliches Repertoire im Unterricht zurückzugreifen und diese z.B. im Unterrichtsgespräch einzubeziehen.
Julia Festman

Julia Festman

ist Professorin für Mehrsprachigkeit an der PH Tirol und vertritt in der Lehre den Bereich Deutsch/Mehrsprachigkeit. In den vergangenen Jahren hat sie sich intensiv mit (mehrsprachigem) Spracherwerb und Schriftspracherwerb befasst und forscht und publiziert in diesem Themenbereich. Ein besonderes Anliegen ist die diversitätssensible Vermittlung und Förderung im Bereich Deutsch.

Bildquelle: privat