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Lesemotivation

Tipps zur Stärkung der Lesemotivation und Lesekultur

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PRIM, SEK 1

Wie kann man den Schüler*innen im Unterricht und darüber hinaus Lust aufs Lesen machen und erreichen, dass sie gerne zu Büchern greifen? Neben Loslösung der Lektüre von Noten- und Leistungsdruck und wenigen, dafür individuell wählbaren Anschlussaufgaben hat Doris Schönbaß noch weitere wertvolle Tipps für Sie zusammengestellt.

1. Loslösung von Notendruck

Die Aufwertung des Images von Büchern kann im Deutschunterricht vor allem durch eine teilweise Loslösung des Bücherlesens aus dem Kontext von schulischem Pflicht- und Zwangscharakter sowie Noten- und Leistungsdruck erfolgen. Dies gelingt durch mehr Freiheit und stärkere Mitbestimmung der Schüler*innen bei der Buchauswahl und den behandelten Themen, durch offenere Unterrichtsmethoden und durch stärker projektartige Gestaltung von Klassenlektüren. 

2. Handlungsorientierung bei Anschlussaufgaben

Motivationssteigernd wirkt auch innere Differenzierung, etwa bei den Anschlussaufgaben, ebenso die Umsetzung „unkonventionellerer“ Unterrichtsmodelle oder handlungsorientierter Aktivitäten. Ein Beispiel: Es stehen nach der Lektüre zehn verschiedene Anschlussaufgaben zur Wahl, von denen jede*r nach persönlicher Präferenz zum Beispiel drei bearbeiten muss. Die Ergebnisse werden am Ende als ein buntes Repertoire an Beiträgen vorgestellt. 

3. Weniger ist mehr

Generell empfiehlt es sich, bei den verpflichtenden Anschlussaufgaben manchmal dem Grundsatz „Weniger ist mehr“ zu folgen. Nicht selten bekunden Schüler*innen, dass ihnen Klassenlesestoffe wesentlich mehr Vergnügen bereiten würden, wenn diese nicht stets von zahlreichen verpflichtenden Arbeitsaufgaben begleitet wären, die ihnen die Freude an der Beschäftigung mit Literatur wieder zerstörten.

4. Raum für freie Gesprächsmöglichkeiten

Dafür wiederum sollte mehr Raum für eine ungesteuerte Kommunikation und Diskussion über Bücher in der Peer Group geschaffen werden. Gesprächsmöglichkeiten in Gruppen, die nicht von vornherein durch fixe Vorgaben (Leitfragen oder Ähnliches) bestimmt sind, können helfen, Bücher zu einem authentischen Gesprächsthema unter Jugendlichen zu machen. 

5. Lektürewünsche berücksichtigen

Die Lektüreinteressen und -wünsche der Schüler*innen auch einmal über den Schulkanon zu stellen, ist gerade in der Primar- und Sekundarstufe 1 mit Blick auf das übergeordnete Ziel, nämlich Kinder zum Lesen zu bringen, gerechtfertigt. Auch eine bewusste Einbindung digitaler oder audiovisueller Medien in ein Klassenlektüre-Projekt kann die Motivation der weniger lesebegeisterten Jugendlichen deutlich erhöhen (zum Beispiel Ergänzung des Buchs durch Verfilmung, Hörbuch, interaktives Hörbuch, digitales Quiz). Auch die Freiheit der oder des Einzelnen, eine Klassenlektüre gedruckt oder als E-Book zu lesen, sollte gegeben sein.

6. Lesepatenschaften und Gewinnspiele

Lesepatenschaften zwischen höheren und niedrigeren Schulstufen können sich auf das Leseselbstbild (auch jenes als Lesevorbild) positiv auswirken. An Lesegewinnspielen teilzunehmen oder auch für die eigene Schule welche zu initiieren, bei denen durch ansprechende Preise ein gewisser Wettbewerbscharakter entsteht, kann die von außen und folglich eventuell auch die von innen angeregte Lesemotivation beflügeln.

7. Raum für besondere Erlebnisse schaffen

Generell sind alle Projekte, die sich von der gewohnten Schulroutine abheben, die etwas „Besonderes“ sind, förderlich, um positive Gedanken zum Lesen zu wecken. Gemeinsam eine Autorinnenlesung, einen Autorenworkshop oder ein Lesefest im Literaturhaus zu besuchen, spricht allein schon wegen der gemeinsamen Unternehmung und Abwechslung zum Schulalltag auch die weniger begeisterten Leser*innen an. 

So wie der Appetit bekanntlich manchmal mit dem Essen kommt, springt im günstigsten Fall der Funke über, wenn man den Büchern erst einmal eine Chance gibt. Und dann kann ein spannendes, mitreißendes, unterhaltsames Literaturerlebnis vielleicht sogar zu einem „lesebiografischen Schlüsselerlebnis“ werden, indem es zeigt, dass Literatur viel mehr sein kann als „nur“ Teil eines Unterrichtsfachs.

Doris Schönbaß

Doris Schönbaß

war Lehrerin an einer BHS und ist seit 2008 Lektorin am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg sowie seit 2012 Professorin an der Pädagogischen Hochschule Salzburg; sie lehrt in den Bereichen Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Fachdidaktik Deutsch (Schwerpunkte Leseforschung, Literatur- und Kulturgeschichte, Lese-/Mediendidaktik, Kinder- und Jugendliteratur).

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