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Zwischen Hirschen und Dutts
Das zweite Semester geht in den Endspurt! Ein Feiertag jagt den nächsten. Ende Mai sollten wir mit allen Schularbeiten durch sein und nicht nur den Schüler*innen rauchen die Köpfe – auch uns Lehrer*innen. „Welcher Tag ist heute?“, fragt mich Kollege R. verwirrt. „Mittwoch“, seufze ich.
„Nein, Donnerstag“, tönt es aus der Lehrer*innen-Küche. Kollegin S. kommt mit abstehenden Haaren heraus, in der einen Hand einen dampfenden Kaffee, in der anderen einen Stapel Hefte. „Was machst du denn mit den Heften in der Küche“, frage ich sie. „Häh“, meint sie unbestimmt und nimmt einen Schluck. Mannomann, wir sind wirklich fertig mit den Nerven. Kollege F. hustet und tropft sich die Augen ein. „Ich hasse den Frühling“, jammert er. Der hochsensible Allergiker tut mir leid, denn bald schon steht der Wandertag an. Mit einer Kreuzallergie aus Gräsern, Birke und weiß der Teufel ist er ein Opfer der Natur. Ich schnäuze mich ebenfalls und reibe mir eine Erkältungssalbe unter die Nase. Ja, ich bin verkühlt. Im Mai. Ich merke es jedes Jahr, wenn das Schuljahr voranschreitet und mir langsam die Energie ausgeht. Morgens will ich manchmal einfach nur im Bett bleiben. Aber das geht ja auch nicht. Mein Kreuz tut weh und Kollege F. schnäuzt sich auch lautstark. Aber seine Allergie möchte ich auch nicht haben. Sollte er beim Wandertag fehlen, ist das auch nicht prickelnd, denn Kollege F. ist trotz seiner allergischen Reaktionen begeisterter Geograph und beeindruckender Landkartenexperte. Ohne ihn sind wir quasi verloren, im Niemandsland auf weiter Flur.
So wie voriges Jahr, als er wirklich allergiebedingt ausfiel, und wir uns im Wald verirrt haben. Es war ein wahrer Horrortrip. Zuerst sind wir vom Weg abgekommen, dann kam noch Schüttregen und irgendwie gerieten wir dann mit 35 Schüler*innen in ein Wildgatter mit Rotwild. Mehr muss ich hoffentlich nicht sagen. Hätten wir ein Drehbuch gehabt, es wäre ein absoluter „Lost in Paradies“-Film geworden. Nicht nur, dass wir drei Lehrkräfte geographische Analphabet*innen waren, wir hatten nicht einmal Handyempfang, weil irgendwo im Nirgendwo. Schlussendlich bekamen wir Probleme mit den Hirschen und irgendwie war´s dann schon nach 18 Uhr und wir liefen noch immer im Kreis, die Hirsche hinter uns. Man kann ja viel behaupten, aber dass es bei uns fad ist, sicher nicht. Dafür sprechen wir heute immer noch von diesem Ausflug und bei jedem Lehrer-Get-Together ist es der absolute Stammtisch-Burner. Da rinnen uns schon mal die Lachtränen übers Gesicht.
Und wenn es um Humor geht, bin ich immer dabei. Ich glaube ja, dass ich recht witzig bin. Aber anscheinend finden das die Schüler*innen der 3a-Klasse nicht. Beim Semester-Lehrer*innen-Zeugnis erntete ich für meinen anscheinend mäßig vorhandenen Sinn für Humor eine glatte Drei. Das hängt mir immer noch nach. Aber Humor ist ja bekanntlich, wenn man trotzdem lacht. Aber ich werde die Kids schon noch zur Rede stellen, warum ich ein Befriedigend in Spaßkunde bekommen habe. Da ist das letzte Wörtchen sicher noch nicht gesprochen.
In Styling gabs übrigens einen Zweier, ebenso in Frisurenvielfalt. Dafür scheine ich pünktlich und gerecht zu sein. Da gab es nämlich jeweils ein Sehr Gut. Ich habe mich sehr darüber gefreut, aber den Einser in Pünktlichkeit habe ich gar nicht verdient. Ich finde nämlich nicht, dass ich besonders pünktlich bin. Aber wahrscheinlich habe ich gerade deshalb die beste Note von den Schüler*innen bekommen, die bekanntlich um jede Pausenverlängerung froh sind. An meiner Frisurenvielfalt werde ich künftig täglich arbeiten, allerdings, wer meine Haare kennt, weiß, dass es hier natürliche Grenzen gibt. Ich habe zwar eine riesige Haarmenge, die ist aber leider nicht so leicht bezwingbar, deswegen habe ich immer eine Einheitsfrisur: Dutt. Ja, ich weiß. Ihr denkt jetzt sicher: Das sieht furchtbar aus – wie eine alternde Hofratsgattin. Ich muss gestehen, ja das stimmt. Aber es ist einfach die bequemste Frisur, die ich kenne. Nix hängt ins Gesicht, man hat ein natürliches Lifting, wenn man den Haargummi besonders streng zieht, und die grauen Haare werden auch verdeckt. Also: Dutt rules.
Zusammengefasst bin ich mit meinem Zeugnis durchaus zufrieden, ein bissl was zum Verbessern muss noch für die kommenden Jahre bleiben. Denn ich lebe nach dem Grundsatz: Immer wieder kleine Fehler machen, damit niemand merkt, dass man perfekt ist.